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Thema: Ich bin Autist aber nicht autistisch (http://www.autismus.ra.unen.de/topic.php?id=4789)


Geschrieben von: Ozelot am: 01.05.11, 21:10:14
Zitat:
"[...] und seit ich das begriffen habe, habe ich gelernt, wie ich mein Autismus austriksen kann, dass ich mich über Besuch freue [...]"

"Ich bin Autist aber ich bin in meinen Verhalten nicht mehr autistisch."

Quelle:http://www.youtube.com/watch?v=uA2WDjd-7GA

Auf dieses Video bin ich letztens mal gestoßen.
Was sagt ihr dazu, könnt ihr euren Autismus auch "austriksen"? In dem Video nennt Axel Brauns ja das Beispiel mit sich auf Besuch freuen weil seine Wohnung ein Kunstwerk sei. Also bis jetzt hab ich noch kein Weg gefunden mein Autismus auszutriksen und über Besuch freue ich mich auch nicht wirklich.

Auch mit der letzten Aussage hab ich so ein bisschen Probleme. Wenn man Autist ist dann hat man doch autistisches Verhalten, sonst wäre man doch kein Autist. Oder verstehe ich da was falsch???

Oder auch Nicole Schuster schreibt auf ihrer Homepage, dass sie sich nicht mehr als Autisten fühle und bezeichne.

Quelle:http://www.nicole-schuster.de/ueber_mich.html

Würde das jemand von euch auch von sich aus sagen?


Geschrieben von: wolfskind am: 01.05.11, 21:36:39
ich denke er trickst seinen autismus aus weil er gemerkt hat dass er dann besser angenommen wird in de gellschaft. gut gehn wird es ihm damit wohl nicht sonst müsste er ja nicht tricksen.
wenn die menschen also weniger erwarten würden und mehr akzeptieren würden dann könnten A auch so leben wie sie wollen ohne sich sagen zu müssen sie würden in einem kunstprojekt leben.
dass er die wänede schwarz hat find ich aber cool.


Geschrieben von: 55555 am: 01.05.11, 21:48:13
Ich habe schon ein Problem damit, daß unterstellt wird Autisten würden sich nicht auf Besuch freuen. Da scheint mir das Klischee vom Rückzug ins innere Selbst mitzuschwingen.


Geschrieben von: Antika am: 01.05.11, 22:01:43
Als Autist habe ich mich eh noch nie gefühlt, denn ich wusste ja nie dass ich ein Autist bin. Ich bin wie ich bin, und werde es auch immer bleiben. Ich möchte auch niemals ein anderer Mensch sein. Was und wie ich fühle, das macht mich doch aus.

Das Verhalten der meisten NA finde ich nicht erstrebenswert. Wie NA mein Verhalten bezeichnen ist mir eigentlich egal, auch wenn der NA damit seine Probleme hat. Ich habe keine Probleme damit und mit mir selbst habe ich auch keine Probleme.

Über Besuch kann ich mich eigentlich auch nicht wirklich freuen, aber hin und wieder lasse ich Besuch zu. Sie müssen sich nur vorher anmelden, damit ich mich innerlich darauf einstellen kann. Maximal drei Stunden kann ich so einen Besuch ertragen, dann muss er wieder gehen.

Wer damit Probleme hat, sollte mich erst gar nicht besuchen, denn ich mache da nun mal keine Ausnahmen.

Aber ich kann hier nur für mich sprechen, jeder Autist ist nun mal anders, so wie ja auch NA nicht alle gleich sind.


Geschrieben von: 55555 am: 01.05.11, 22:23:52
Ich lege nochmal einen Link zu einem alten Thread nach, der untermauert, daß manche Autisten ziemlich gerne Besuch haben mögen.


Geschrieben von: zoccoly am: 01.05.11, 22:40:30
Ich habe damit Probleme zu glauben, dass man nur genug trainieren muss, um irgendetwas ablegen zu können, ohne dass das unnötig Energie kostet.
Inzwischen lebe ich bewusst als A, habe also eher mehr zu gelassen, berücksichtige viel mehr meine Bedürfnisse.
Natürlich war ich schon immer ich selbst.
Mit Kenntnis des A habe ich aber meine Kompromissfähigkeit stark eingeschränkt, da sie auf meine "Kosten" ging.


Geschrieben von: wolfskind am: 01.05.11, 22:50:45
zu mir hat mal jemand gesagt, ich wäre wie ein alkoholiker der nicht einsieht dass er krank ist. autismus müsse behandelt und therapiert werden und wenn man sich weigert ist man uneinsichtig.


Geschrieben von: 55555 am: 01.05.11, 22:53:24
Nichtautisten sind da auch oft uneinsichtig.


Geschrieben von: Zweiundvierzig am: 01.05.11, 22:59:01
Es klingt ein wenig so, als würde der Axel Brauns dadurch, dass er seinen Autismus austrickst, eher sich selbst austricksen. Wenn ich etwas nicht gerne tu, dann suche ich mir keinen Weg um das schön zu reden. Vielleicht liege ich ja auch falsch, und er fühlt sich jetzt tatsächlich richtig wohl mit seinem Besuch, aber dann frage ich mich, warum er sich das selbst so rational begründen muss. Angenommen, ich hätte jemanden gern in meiner Wohnung, weil ich diese als Kunstwerk betrachte – die Situation ist doch dieselbe? Besuch ist da und ich steh unter Stress, weil ich nicht weiß, wie ich mit ihm reden soll und wie lange er noch bleibt. (Ich mag Besuch überhaupt nicht.)

Ich kann und will meinen Autismus nicht in dem Sinne austricksen, dass ich mir einrede, ich täte etwas gerne, um daran dann selbst zu glauben.
Ich habe 3-4 Jahre meines Lebens (vor der Diagnose) versucht mich anzupassen, weil ich mir verdammt viele Sorgen darüber gemacht habe, was mit mir nicht stimmt. Das hat meine Lebenssituation um Welten verbessert, aber jetzt würde es mir nicht mehr gut tun. Ich habe eine Handvoll guter Freunde, die sich inteniv mit dem Thema Autismus beschäftigt haben, die wollen nicht, dass ich mich anpasse. Oder mich besuchen.


Geschrieben von: haggard am: 01.05.11, 23:00:58
das hat schon was von "gespaltener persönlichkeit", wenn man gedanklich einen teil von sich absondert und meint, diesen damit ausgetrickst zu haben.

ich gebe manchmal an, mich selbst ausgetrickst zu haben. mich. käme nicht auf die idee zu meinen, ich hätte autismus ausgetrickst oder meine "braunen augen", wenn ich auf die idee käme, denen effektlinsen aufzusetzen. meine "austricksaktionen" hatten immer einen boomerangeffekt.;) was ich dachte, wäre in dem moment ganz gut gewesen, hat mich hinterher doppelt "erschlagen".

könnte austricksen auch als verbiegen bezeichnen. und ich hatte mich ganz gewaltig damit "ausgetrickst", lautsprache anzuwenden. oder als "sich selbst reinlegen" bezeichnen. ausgetrickst liest sich nett. so wie zaubertrick. doch das, was bei einem zaubertrick glauben gemacht wird, ist auch nicht wirklich "echt".

aber man kann es wirklich selbst glauben, dass man damit etwas geleistet hätte, das anerkennung wert wäre, wenn einem das umfeld geflissentlich immer wieder erklärt, dass das so sei, auch wenn es in wirklichkeit gar nicht so ist. alle mittel scheinen recht zu sein zur vermeintlichen stärkung eines vermeintlich nicht vorhandenen selbstbewusstseins. das erwachen darf dann nur nie eintreten.;)


Geschrieben von: Quadriga am: 02.05.11, 00:23:08
Ich denke man kann seinen Autismus in bestimmten Bereichen austricksen, aber ich glaube nicht daran, dass dies auf Dauer produktiv für das Selbst sein wird. Es ist eher ein Selbstverrat, und früher oder später wird derjenige Mensch das zu spüren bekommen. Z.B. wird derjenige dann plötzlich bemerken, dass dieses Austricksen dazu führte, dass er unbewusst eigene Kraftreserven ungehindert verfeuert hat, und dann eben in ein energetisches Loch fallen. Auch Menschen, die Gefühle lange Zeit über unterdrücken können und sich dadurch als "geheilt" ansehen, erleben trotzdem immer wieder extreme Gefühlsausbrüche. Man kann letztendlich nicht sein Selbst leugnen. Man ist, was man ist, und es wird sich daran nichts ändern, auch wenn man sein Selbst, sein Sein, unterdrückt oder sonst wie austricksen will.

Es ist sogar sehr paradox, wenn man behauptet, dass man Selbst sein Selbst austrickst. Das wäre in etwa so, als würde ich mich selbst aus einem Moor/Sumpf ziehen wollen. Sowas ist Physikalisch nicht möglich.
Das einzige was möglich ist, dass man an sich selbst arbeitet, um in bestimmten Bereichen sich weiterzuentwickeln, aber es ist unmöglich sein Selbst abzulegen oder auszutricksen, solange man dies mit seinem Selbst bzw als sein eigenes Selbst versucht.
Wie azrael es auch gut beschreibt, das führt zwangsläufig zu einem Boomerangeffekt. Und das kann ich auch selbst sehr gut darlegen, da ich selbes auch zu oft schon durchmachte. Ich kann mein Selbst icht leugnen, und ich kann es nicht verhindern, dass ich autistisch bin. Selbst wenn es mir manchmal sogar lieber wäre, wenn dem nicht so sei.


Geschrieben von: Schneekugel am: 02.05.11, 10:54:53
Also zum Thema Besuch, über Besuch wirklicher Freunde für die ich mich nicht verstellen muss, freue ich mich. Manchmal bin ich halt traurig , wenn ich merke heute nicht mehr so auf sie zugehen zu können wie ich gerne möchte, aber als echte Freunde akzeptieren die das dann eben auch problemlos.

Besuch für den ich mich verstellen muss: Bähhhhh... ^^


Was das Austricksen anbelangt kann das halt auch in die Hosen gehen. Wenn ich schon begonnen habe irgendwas zu Lesen usw.... fällts mir sehr schwer mich davon loszureissen, genauso weiss ich aber auch, dass ich wenn ich mich widerwillig losreisse und z.B. mit Freunden von mir treffe ich dann nach einiger Zeit doch sehr viel Freude daran haben kann und mich danach sehr darüber freue, dass ich mich dazu "überreden" konnte. Danach bin ich zwar meistens etwas ausgepowert, aber hatte doch Spaß dran, also eine angenehme Erschöpfung.

Leider kommts aber auch öfter vor, dass ich anscheinend eher zu müde bin oder was auch immer. Irgendwie komm ich mir dann irgendwie distanziert vor, es fällt mir eher schwer Interesse an Gesprächen zu finden, diesen zu folgen gerade wenn mehrere sprechen usw..., die Freude anderer steckt mich nicht an und irgendwie findet man keinen Bezug zu all dem um einem rum und fühlt sich nicht zugehörig sondern eher als würde man gerade alles wie in einem quarium betrachten. Wenn das dann irgendwas ist wo ich nicht frühzeitig wieder gehen kann, deprimierts mich dann natürlich.