geschriebenes lesen
10.10.09, 22:20:41
haggard
vielleicht kennt ihr das noch aus der grundschulzeit, dass texte, die vorgelesen wurden/werden sollten, besonders betont werden mussten.
meine frage ist nun, wie es sich verhält, wenn texte "im stillen" gelesen werden, also ohne den text dabei zu sprechen.
oder alternativ, wenn sich jemand selbst texte vorliest ohne zuhörer.
wird dann auch der text betont oder nicht?
10.10.09, 22:28:53
55555
Welche Betonung meinst du? Die einer vermuteten nonverbalen Tonlage aus der Stimmung der Person heraus oder solche banalen Dinge wie Betonung von Fragezeichen?
10.10.09, 22:57:26
haggard
geändert von: haggard - 10.10.09, 23:01:21
unterscheiden das personen, die sätze betonen/texte betont lesen?
ich meine generell betonung, falls wer damit etwas anfangen kann.
sätze können unterschiedlich betont werden/worte und dann kann der gesamte satz/text auf verschiedene weise wirken. ironisch, lustig, negativ, positiv, etc.
beispiel:
- das haus ist schön -
allein schon wie der komplette satz betont wird, ist es entweder eine frage, ein (nach meiner einteilung) allgemeiner satz (mit punkt am ende) oder eine nachdrückliche aussage (mit ausrufezeichen).
möglich sind beispielsweise auch noch diese betonungsformen - in kombination mit oben genanntem:
-
das haus ist schön -
- das
haus ist schön -
- das haus
ist schön -
- das haus ist
schön -
verständlicher, was ich meine?
inwieweit persönliche befindlichkeiten dieses unter umständen beeinflusst, weiß ich nicht.
11.10.09, 00:11:35
55555
Zumindest ich unterscheide das, weil ich denke, daß Menschen nicht entweder gar nichts betonen oder "alles" (wie sollte das klingen?). Bei dem Beispielsatz würde es für mich wohl auf den Kontext ankommen. Wie wäre es mit einem Thread, in welchem ein Beispieltext vorliegt, den dann die Leser mit von ihnen gelesenen Betonungen versehen könnten? Dann könnten die Ergebnisse in einem weiteren Thread veröffentlicht werden (damit niemand sich latent ideell an anderen Deutungen orientiert).
11.10.09, 00:23:06
drvaust
Wie kommst Du darauf?
Ich lese mir nie vor. Ich lese die Zeichen, deute die als Informationen, verarbeite die Informationen und speichere wichtige Aspekte im Gedächtnis. Da gibt es keine akustische Zwischenstufe, also auch keine Betonung.
Anderen vorlesen kann ich nicht mit Betonung, bzw. nur wenn ich den Text bereits kenne. Sonst müßte ich ja erst die Zeichen lesen, verarbeiten und deuten und erst dann könnte ich das betonen, was ich schon längst gelesen hatte.
11.10.09, 00:37:44
55555
Es ging wohl nicht darum, daß man mündlich spricht, sondern gedanklich.
11.10.09, 09:20:49
Hans
Wenn ich lese, versuche ich anhand der Satz-Zeichen und Absätze
die Wertigkeiten des Autors zu erkennen und betont zu lesen,
was mir nicht immer auf Anhieb gelingt.
Wenn ich einen Autor schon kenne, habe ich das Gefühl besser zu erkennen,
was er jetzt betont haben möchte und was nicht.
Wenn ich in entspannter Atmosphäre vorlese, dann bin ich ja beim lesen viel schneller als beim Sprechen
und kann mir die Satzenden schon rechtzeitig suchen.
Dadurch habe ich es leichter und habe damals beim "Vorlesen" gute Noten bekommen.
Wenn ich für mich lese renne ich mehr durch den Text und nehme die Information auf.
Manche Sätze, die dann unklar sind, nehme ich mir ein zweites Mal mit genauerer Betonung vor
und so komme ich dann doch zügig und mit Verständnis weiter.
11.10.09, 10:38:17
haggard
@55555:
wollte auch die menschen berücksichtigen, die sich selbst texte mündlich/laut vorlesen und nicht nur ohne hörbare buchstabengeräusche lesen.
den vorschlag mit dem markieren und dann vergleichen finde ich gut. werde einen text suchen. damit keine orientierung erfolgt, fände ich es gut, wenn dann der text mit markierungen beispielsweise an mich per pn geschickt würde und ich würde diese sammlung dann nach beginn und ablauf von vier wochen in diesem thread veröffentlichen. wer mag, könnte dann gleich dazuschreiben, warum diese betonung/oder keine erfolgte, falls der zeitraum zu lang wäre, um danach nochmals diskutierend einzusteigen oder so.
11.10.09, 22:59:14
drvaust
Ich hatte beim Lesen darauf geachtet.
Ich lese für mich nur reine Informationen, keinerlei Betonung.
Das sind für mich keine persönlichen Reden, mit Ausdruck, sondern nur Informationen.
12.10.09, 14:00:24
anne1
Still für mich lese ich nicht mit Betonung,
aber, wenn ich merke, daß ich einen Satz falsch verstanden hatte,
lese ich ihn nochmal mit der "richtigen" Betonung.
Bsp: Brecht: "Ich habe erst gelernt, ein Auto zu fahren. Man muß aber zweie fahren können, nämlich auch das, was vor einem fährt."
1.Lesen: Betonung auf "gelernt".
12.10.09, 20:23:42
Quadriga
geändert von: Quadriga - 12.10.09, 20:28:15
Ich weiß zwar nicht, was "normal" ist, aber ich betone Fragen oder Ausrufe nicht anders, als normale Sätze mit Punkt am Ende. Es kommt in der Schule schon häufiger vor, dass ich einen Text eher immer in der gleichen Tonlage und Betonung vorlese. Einzelne Wörter und Silben hingegen betone ich schon etwas.
Sollte eine Ironie oder eine witzige Stelle im Text vorkommen, dann lese ich diese auch nicht anders, als sonst.
Daher lese ich Texte in der Schule immer in Gedanken vorraus, während ein anderer liest, damit ich den Text kenne und dann auf sowas etwas besser achten kann.
So würde ich das Beispiel immer lesen, egal in welchem Kontext es steht: - das
haus ist
schön -
Edit: Bei diesem Beispiel würde ich aber die Betonung und den Inhalt sehr "vernuscheln", wie so eben feststellte.
12.10.09, 21:11:30
haggard
"vernuscheln" kann ich zurzeit - oder schon immer - hervorragend. wurdest du in der schule schon einmal wegen "monotoner stimme" oder "unmodulierter stimme" angesprochen? bei einem lehrer war das ein grund, weswegen ich mich nicht am unterricht beteiligen durfte - er konnte das nicht ertragen. beim stillen lesen verhält sich das wahrscheinlich nicht anders. früher war das lautsprachlich bestimmt schlimmer. damals hatte ich nach jedem wort einen punkt vermutet bzw. las die einzelnen worte eines satzes wie eigenständige sätze. "singsang", wenn dann mal zwei worte wie ein satz gelesen wurden. oder hatte die punkte nicht registriert, weil ich mich auf die worte konzentrierte. passiert heute manchmal noch. werden die sätze auch seltsam damit.